BayVirMos: Stechmückenübertragene arbovirale Krankheiten in Bayern

Universität Bayreuth: Lehrstuhl Biogeografie

Hintergrund & Ziel des Projektes

Durch vektor-übertragene Krankheiten (VBD) wie Malaria, Dengue-Fieber, oder Gelbfieber werden weltweit jährlich mehr als eine Milliarde Menschen infiziert, und mehr als eine Million Menschen sterben daran pro Jahr. Während Infektionskrankheiten direkt von einem Infizierten auf den nächsten übertragen werden, sind für die Übertragung von VBD Mücken, Zecken, Sandfliegen, Flöhen oder Läuse als Überträger in die Infektionskette eingebunden. In den letzten Jahrzehnten sind viele VBD wieder neu aufgetreten und haben sich sogar in Regionen ausgebreitet, in denen sie zuvor nicht aufgetreten sind. Dies hängt zum einen mit dem weltweiten Waren- und Reiseverkehr zusammen, der Insekten und Krankheitserreger in kürzester Zeit an die verschiedensten Orte der Welt bringt, zum anderen mit den sich veränderten Umweltbedingung. Ändern sich zum Beispiel Minimumtemperaturen im Winter oder die Periode sehr warmer Tage und Nächte im Sommer aufgrund des Klimawandels, wirkt sich das direkt auf die Überlebens- und Ansiedlungswahrscheinlichkeit neuartiger Insekten aus, denn diese können ihre Körpertemperatur nicht selbst regeln, sondern sind von der Umgebungstemperatur abhängig.

Ziel des BayVirMos Projektes ist es, ein Frühwarnsystem für die vektor-übertragenen viralren Krankheiten Chikungunya, Dengue, West Nil Fieber und Usutu zu entwickeln und auf einer Internetplattform zur Verfügung zu stellen. Usutu, Auslöser des sog. Amselsterbens, ist bereits verstärkt in Baden-Württemberg aufgetreten. West Nil Fieber betrifft neben dem Menschen vor allem Vögel und Pferde. Die Gesamtzahl der gemeldeten menschlichen Infektionen im Jahr 2018 überstieg die Gesamtzahl der vorangegangenen sieben Jahren um das 7,2-fache. Bayern ist deutschlandweit Spitzenreiter bei reisebedingten Chikungunya und Denguefieberfällen. Ob eine Übertragung vor Ort möglich ist, hängt von der Verbreitung der Stechmücken ab, die diese Krankheiten übertragen können. Während die Vektoren für West Nil Fieber und Usutu in Bayern heimisch sind, gelten die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke als invasiv. Erste Funde sind für Deutschland gemeldet.

Relevanz des Projektes für Praxis und Politik (v.a. in Bayern)

Die zeitnahen und räumlich definierten Hinweise auf mögliche Risikogebiete für die Übertragung der oben genannten Infektionskrankheiten ermöglichen eine erhöhte Aufmerksamkeit u.a. bei den betreuenden Ärzten oder Veterinären. Die Modellergebnisse zeigen auch auf, in welchen Gebieten am wahrscheinlichsten mit der Ansiedlung invasiver Steckmücken aktuell und in den kommenden Jahrzehnten gerechnet werden kann und ermöglicht so ein effektives Überwachungs- und Kontrollmanagement.

Damit unterstützt BayVirMos die Gesundheitsvorsorge und die Anpassung an den Klimawandel in Bayern.

Methoden

Auf Grundlage unserer bisherigen Erfahrung in der Entwicklung von Artverbreitungsmodellen, epidemiologischen Modellen und Klimamodellen zur Ermittlung von Risiken stechmückenübertragener viraler Krankheiten auf kontinentaler und globaler Ebene werden wir in BayVirMos eine räumlich und zeitlich differenzierte Risikoabschätzung für Bayern entwickeln. Hierzu werden wir räumlich hoch aufgelöste regionale Klima- und Wettermodelle mit Geoinformationen zu Stechmückenvorkommen, und weiteren Umweltdaten verbinden. Dabei berücksichtigt unser Vorgehen sowohl die klimatischen Anforderungen von Vektoren als auch die temperaturabhängigen Prozesse der Übertragung von viralen Krankheiten. Die Artverbreitungsmodelle werden in BayVirMos mittels Maxent, einer Standardmethode in der Biogeografischen Modellierung, durchgeführt. Die eigentliche Modellierung wird dabei in eine eigens für dieses Projekt in R entwickelte Modellierungsumgebung eingebettet. Für die epidemiologische Modellierung wird, auf bereits veröffentlichte Modelle zurückgegriffen. Insbesondere für Dengue und Chikungunya, bei denen bisher keine Übertragung in Bayern stattgefunden hat, wäre eine Modellvalidierung sonst nicht möglich.

Erste Ergebnisse

Als wichtige Grundlage der Modellierung wurden die weltweiten Verbreitungsdaten für die untersuchten Stechmücken durch intensive Literaturrecherche zusammengestellt (Abb. 1).

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Abbildung 1: Europäische Verbreitungsdaten der invasiven (a) Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus), Überträger u.a. des Chikungunya und Dengue Fiebers, (b) der invasiven Asiatischen Buschmücke (Aedes japonicus), Überträger des West Nil-, des Chikungunya und Dengue Fiebers (im Feld infiziert gefunden bzw. in Laborexperimenten getestet).

Außerdem wurden Umweltdaten recherchiert (veröffentlicht: http://www.emergtoplifesci.org/content/3/2/115), die für eine weitere Ausbreitung von Vektoren und die klimatischen Bedingungen einer Krankheitsübertragung von Bedeutung sind und sich unter Klimawandelbedingungen verändern (Abb. 2).

Abbildung 2: prognostizierte zukünftige Veränderung von klimatischen Schlüsselvariablen für die Ansiedlung von Krankheitsvektoren: A: Minimumtemperatur des kältesten Monats. B: Mittlere Temperatur des wärmsten Vierteljahres. Erwartete Änderungen der langfristigen Durchschnittswerte für 2041–2060 im Vergleich zu 1960–1990 unter dem Klimaszenario RCP 8.5 basierend auf 12 verschiedenen globalen Klimamodellen.