BioClis: Bioklimatisches Informationssystem

Universität Augsburg: Institut für Physik, Technische Universität München: Lehrstuhl und Institut für Umweltmedizin, Leibniz Rechenzentrum, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

Hintergrund & Ziel des Projektes

Mit BioClis soll ein Werkzeug geschaffen werden, das eine flächenhafte Bewertung des Gesundheitsrisikos erlaubt, das durch verschiedene Umwelteinflüsse entsteht. Zu diesen Umwelteinflüssen zählen Luftschadstoffe (NO2, O3, PM2.5, PM10, SO2) und meteorologische Einflüsse wie Lufttemperatur, Strahlungstemperatur, Wind und Luftfeuchtigkeit. Der Einfluss der Umwelt auf die menschliche Gesundheit spielt gerade in Hinblick auf den Klimawandel eine wichtige Rolle. Durch den Klimawandel werden v.a. extreme Wetterbedingungen zunehmen. Extreme, hohe Temperaturen tragen direkt zum Tod von Risikopatienten mit Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen bei, insbesondere bei älteren Menschen. Austauscharme Wetterlagen mit hohen Temperaturen fördern die Ozonbildung und erhöhen die Feinstaubbelastung. Das gesundheitliche Risiko dieser Umwelteinflüsse soll also quantifiziert und bewertet werden und in Form eines webbasierten Informationssystems als Service der UFS angeboten werden. Dazu zählen Angaben zu Verhaltensempfehlungen bei gegebenem Risiko.

Relevanz des Projektes für Praxis und Politik (v.a. in Bayern)

Im Rahmen von kurzfristigen episodischen Ereignissen kann die Belastungssituation auch in Bayern drastisch zunehmen. Dazu zählen (grenzübergreifender) Transport von Schadstoffen aus Waldbränden, Luftmassen aus Ballungsgebieten und Industrieanlagen, Mineralstaub aus der Sahara, sowie Belastungssituationen in Kombination mit Hitze- oder Kältestress. Daher ist es nötig, ein Frühwarnsystem zu entwickeln, um rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen ergreifen zu können, die die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen sowie zur Einsparung an Kosten im Gesundheitswesen führen. Die Gesamtkosten von Asthma in Europa werden beispielweise auf 17,7 Mrd. € pro Jahr geschätzt, wobei mehr als die Hälfte dieser Summe durch Produktivitätsverlust aufgrund schlechter Asthmakontrolle und Prävention verursacht werde.

Methoden

Der Universelle Thermische Klimaindex (UTCI) ermöglicht eine Bewertung der thermischen Bedingungen im Freien, die auf der mit einem Modell der Thermoregulation des Menschen berechneten dynamischen physiologischen Reaktion des Organismus basiert. Der UTCI basiert dabei auf dem Konzept der äquivalenten Temperatur. Für aktuelle Bedingungen (Lufttemperatur, Strahlungstemperatur, Wind und Luftfeuchtigkeit) ist der UTCI also definiert als die Lufttemperatur unter Referenzbedingungen, bei der die gleiche thermische Belastung eintritt. Zur Bewertung dieser Belastung wird das physiologische Ausmaß des thermischen Stresses bei der jeweiligen Äquivalenttemperatur angegeben.

Der Aggregierte Risiko Index (ARI) erlaubt die Beurteilung des Gesundheitsrisikos durch die additive Wirkung verschiedener Luftschadstoffe bei kurzzeitiger Exposition für bestimmte Risikogruppen und Altersklassen. Der ARI nutzt dabei das relative Risiko RR – die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Erkrankung relativ zur Zunahme der Luftschadstoffkonzentration. So ergeben sich für die verschiedenen Risikogruppen und Luftschadstoffe jeweils unterschiedliche RR-Werte. Die Erhöhung des Gesundheitsrisikos wird üblicherweise anhand einer Skala von 0 bis 10 angegeben, die in verschiedene Risikobereiche (niedrig, mittel, hoch, sehr hoch) unterteilt wird.

Erste Ergebnisse

Diagramm: Mortalität, alle Ursachen
Diagram: Mortalität, Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die abgebildeten Grafiken zeigen den ARI (mit Herz-Kreislauf- und ohne Vorerkrankungen) und die Beiträge der einzelnen Luftschadstoffe für das Jahr 2016 für München. Die verschiedenen RR-Werte (abhängig von Vorerkrankung und Luftschadstoff) spiegeln sich in den Beiträgen der Luftschadstoffe wider. Das Risiko bei Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen ist demnach signifikant höher als ohne Vorerkrankungen und liegt an den meisten Tagen im mittleren Risikobereich bei etwa 16-28% Risikoerhöhung durch Exposition der integrierten Luftschadstoffe.

Folgende Karte bildet den UTCI beispielhaft für den 25.07.19 ab. An diesem Tag waren die Bürger Bayerns an den meisten Orten einem moderaten bis starkem Hitzestress ausgesetzt. Kein thermischer Stress lag hingegen in Teilen der Alpenregion vor.

Karte zu Hitzestress