CYTOXKLIMA: Klimawandel fördert toxische Cyanobakterien – Detektion von Cyanotoxingenen in Gewässern

Technische Universität München: Limnologische Station Iffeldorf (LSI)

Hintergrund & Ziel des Projektes

Cyanobakterien (auch fälschlicherweise „Blaualgen“ genannt) gehören zu der natürlichen Planktongemeinschaft von fast jedem See. Sie stellen eine wichtige Organismengruppe dar und übernehmen einen Großteil der weltweiten Sauerstoffproduktion durch Photosynthese. Viele Vertreter der Cyanobakterien sind gesundheitlich unbedenklich. Es gibt jedoch auch Cyanobakterienarten, bei denen einzelne Stämme die Fähigkeit besitzen, Toxine ins Wasser abzugeben. Diese Cyanotoxine können in der Trinkwasseraufbereitung, in der Fischzucht und für Badende problematisch sein. Das Vorkommen von bestimmten Cyanobakterienarten wird in Badegewässern regelmäßig durch die Wasserwirtschaftsämter kontrolliert. Dabei wird in der Regel bestimmt, ob das Toxin Microcystin im Badegewässer vorkommt. Sobald es in diesen Gewässern zu einer Gefährdung der Badenden kommen könnte, wird der Badebetrieb eingestellt. Blüten, d.h. Massenvorkommen toxischer Cyanobakterien kommen häufig in nährstoffreichen Seen während der Sommermonate vor. Ob ein Stamm toxische Eigenschaften besitzt, lässt sich mikroskopisch, d.h. an Hand morphologischer Merkmale, nicht feststellen. Die Fähigkeit zur Toxinproduktion lässt sich jedoch auf der Basis molekularbiologischer Untersuchungen, d.h. an Hand bestimmter Gene (DNA-Sequenzen) nachweisen.

Ziel des Projektes ist es, einen Überblick über verschiedene bayerische (Bade-)Seen und deren Cyanobakteriengemeinschaften zu bekommen. Dabei liegt der Fokus speziell auf dem Nachweis und der Identifizierung von Cyanotoxingenen. In Zukunft soll dadurch besser abgeschätzt werden können, welche Seen besonders gefährdet sind, dass toxische Cyanobakterienblüten auftreten.

Relevanz des Projektes für Praxis und Politik (v.a. in Bayern)

Das laufende Projekt soll zu einem besseren Überblick über das Vorhandensein verschiedener Cyanotoxingene in ausgewählten bayerischen Gewässern führen. Es soll in Zukunft eine noch bessere Abschätzung des Gefährdungspotentials für den Menschen ermöglichen. Folgende Fragen sollen im Zuge des Projektes beantwortet werden:

  1. Welche Toxingene sind in den untersuchten Badeseen vorhanden,
  2. wie verändert sich ihr Vorkommen im Jahresverlauf und
  3. wie werden sich die Seen in Zukunft infolge des Klimawandels hinsichtlich des Vorhandenseins von Cyanotoxingenen entwickeln?

Dabei steht vor allem im Vordergrund, ob ein Badesee im Zuge des Klimawandels potentiell durch das Auftreten von toxinbildenden Cyanobakterien gefährdet werden könnte. Es werden auch Hinweise geliefert, welche anderen Cyanotoxine neben Microcystin eine wichtige Rolle spielen werden. Durch die systematische Erfassung des Genpools der Cyanotoxingene lassen sich besonders gefährdete Seen identifizieren. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, sich in Zukunft im Rahmen von Monitoringprogrammen auf diese Gewässer zu konzentrieren und gegebenenfalls schnell Maßnahmen zum Gesundheitsschutz einzuleiten.

Methoden

Um einen allgemeinen Überblick über die Zusammensetzung der Cyanobakterienpopulationen in den Untersuchungsseen zu erhalten, wird eine Sequenzierung des 16S rRNA Gens der Cyanobakterien ausgewählter Proben durchgeführt (Next-Generation Sequenzierung).

Im Zuge des Projektes werden Methoden zum Nachweis von Cyanotoxingenen entwickelt. Die Basis dafür bildet eine ausführliche Literaturrecherche und die Erstellung einer umfassenden Datenbank für verschiedene Cyanotoxingensequenzen. Basierend auf dieser Datenbank erfolgt die Entwicklung, Optimierung und Etablierung von PCR (Polymerasekettenreaktion) und qPCR (quantitative Polymerasekettenreaktion) Assays. Mit Hilfe der entwickelten Methoden wird das Auftreten und gegebenenfalls auch die genetische Diversität von verschiedenen Cyanotoxingenen in bayerischen Badewässern untersucht. Als Badegewässer werden folgende Gewässer bezeichnet: (a) explizit als EU-Badegewässer deklarierte Badeseen aber auch (b) Seen, die nicht offiziell als Badegewässer ausgewiesen sind, jedoch traditionell als solche genutzt werden.

Im Rahmen eines Monitorings werden acht Seen regelmäßig untersucht, d.h. monatlich über eine Vegetationsperiode. Begleitend zu den Probennahmen für die Untersuchung der vorkommenden Cyanobakterien werden physikalische und chemische Parameter bestimmt.

In Aquarienversuchen werden die möglichen Folgen des Klimawandels simuliert. Dabei werden die Auswirkungen von definierten Temperaturerhöhungen auf das Verhältnis zwischen potentiell toxischen und nicht-toxischen Blaualgenstämmen untersucht.

Erste Ergebnisse

Bisher wurden 36 Seen hinsichtlich ihrer Cyanobakteriengemeinschaft und der vorhandenen Cyanotoxingene untersucht. Dabei konnten neben den Genen für die Microystinsynthese auch in einigen Seen Gene für die Synthese von Saxitoxin nachgewiesen werden. Gene für die Synthese des Lebergiftes Microcystin konnten 2017 in 76% und in 2018 in 62% der untersuchten Seen detektiert werden. Gene für die Synthese des Nervengiftes Saxitoxin konnten bisher in drei der untersuchten Seen dokumentiert werden. Basierend auf den ersten Ergebnissen wurden folgende Gewässer für regelmäßige Untersuchungen im Rahmen eines Monitorings ausgewählt: Ameisensee, Bergknappweiher, Egglburger See, Fischkaltersee, Großer Ostersee, Haarsee, Klostersee und Weißensee.

Bergknappweiher

Abb.: Cyanobakterienblüte im Bergknappweiher, 05.08.2019 (LSI)