Optimierung des elektronischen Polleninformationsnetzwerks (ePIN:) Pollenflugvorhersagen und Softwareanpassung (ePIN-opt)

Technische Universität München
Hintergrund und Ziel des Projekts

Der Klimawandel ist in Bayern messbar angekommen. Mit der Messung des Pollenflugs kann direkt beobachtet werden, wie sich der Pollenflug verändert. Der bislang geltende Pollenflugkalender sollte aktualisiert werden. Im Zuge des Klimawandels haben sich Zeiträume und Intensitäten des Pollenfluges verändert. Bayern hat mit dem elektronischen Polleninformationsnetzwerks (ePIN) das weltweit erste elektronische Monitoringsystem für Pollen aufgebaut. Auf der Webseite von ePIN können betroffene AllergikerInnen, ÄrztInnen, Behörden oder wissenschaftliche Einrichtungen jederzeit sowohl tagesaktuelle als auch vergangene Pollenflugdaten abrufen. Das Projekt ePIN-opt besteht aus zwei Teilprojekten:

  1. Verbesserung von Pollenflugvorhersagen: Alle bisherigen Vorhersagemodelle für den Pollenflug werden auf Basis von langjährigen, aber historischen Erfahrungswerten zum Pollenflug ohne Verwendung von tagesaktuellen Pollenflugdaten zum Zeitpunkt einer Anfrage berechnet. Das wird sich mit ePIN-opt ändern. Ausgangspunkt ist das Pollenflug-Vorhersagemodell SILAM. Das Modell berechnet, unter Verwendung von Wetter(vorhersage)daten die zukünftige Pollenverteilung, wobei bisher die Verteilung mithilfe von historischen sowie phänologischen Daten berechnet wurde. Mit ePIN-opt werden in die Berechnung der Pollenflugvorhersagen zusätzlich die tagesaktuellen Messdaten aus ePIN miteinfließen. Das ermöglicht eine wesentlich genauere Pollenflugvorhersage als bisher.
  2. Erneute Analyse alter Messdaten mit aktualisierten Zähl-Algorithmen: Zur Ermittlung des Pollenflugs werden Luftproben genommenen und Bilder der enthaltenen Pollen gemacht. Die Verfahren zur Analyse dieser Pollenbilder durch die elektronischen Pollenmonitore werden stetig weiterentwickelt. Inzwischen kommen auf künstlicher Intelligenz-basierende Algorithmen zum Einsatz. Dadurch gibt es weniger Fehlklassifizierungen von Pollen und der Anteil der nicht identifizierten Pollen wird kleiner. Die Veränderung und Optimierung der Analyseverfahren über mehrere Jahre macht es aber nahezu unmöglich, Pollendaten verschiedener Jahre miteinander zu vergleichen. Denn Pollendaten, die mit unterschiedlichen Analyseverfahren (alte und neue Algorithmen) ermittelt wurden, sind nicht direkt miteinander vergleichbar. Diese Problematik soll mit dem zweiten Teilprojekt angegangen werden. Dazu werden auf dem Supercomputer des Leibnitz-Rechenzentrums alle Pollenbilder, die in der Vergangenheit von den ePIN-Pollenmonitoren erzeugt wurden, mit dem aktuellen Zähl-Algorithmus erneut analysiert. Damit ist sichergestellt, dass alle erfassten Pollendaten mit demselben Algorithmus analysiert werden. Die Pollendaten verschiedener Jahre sind dadurch miteinander vergleichbar, ohne dass unterschiedliche Algorithmen die Pollendaten verzerren. So stehen trotz der Weiterentwicklung der Algorithmen lange und homogene Zeitreihen von Pollenflugdaten zur Verfügung, die beispielsweise für Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Pollenflug verwendet werden können.

Relevanz des Projektes für Praxis und Politik (vor allem in Bayern)

Etwa einer von fünf Individuen in Deutschland ist allergisch. In Bayern weißt sogar etwa die Hälfte der Kinder die Veranlagung für eine Allergie (d. h. eine allergische Sensibilisierung) auf. Allergische Erkrankungen verursachen in Bayern direkte (z. B. Krankenhaus Aufenthalte) und indirekte Kosten (u. a. Abwesenheit bei der Arbeit) von etwa €600 Millionen. Durch eine genaue Pollenvorhersage werden nicht nur die Allergiker besser über eine mögliche, krankmachende Exposition informiert, und können so mit ihrer Krankheit besser umgehen, sondern es werden dadurch auch Kosten gespart. Wir haben berechnet, dass wenn 0,1% der Kosten für allergische Erkrankungen durch eine genaue Pollenflugvorhersage eingespart werden, das ePIN System bereits kostendeckend ist. Dieser Wert sollte leicht zu erreichen sein.

Methoden

Die Berechnungen zu ePIN laufen auf den Supercomputern des Leibnitz Rechenzentrums (LRZ). Die bestehende Infrastruktur von ePIN wurde um das Vorhersagenmodel für Pollenflug (SILAM) erweitert. Das Modell wurde auf Bayern zugeschnitten. Zusätzlich wurden Schnittstellen geschaffen, so dass die lokalen Wetterdaten (vom Deutschen Wetterdienst (DWD) bereitgestellt) gleich in das Model einfließen. Zusätzlich wird eine Bibliothek von Algorithmen aufgebaut, aus der man wählen kann, welcher Algorithmus dargestellt werden soll. Für Alternaria ist das bereits gelungen. Entwicklungsbedarf ist noch bei der Geschwindigkeit der re-Analysen.

Projektfortschritte

Das Projekt ePIN-opt umfasst 2 Unterprojekte:

  1. Eine Pollenflugvorhersage für die nächsten 2 Tage.
    Obwohl es viele Pollenflugvorhersage-Apps gibt, nutzen diese nur historische Daten und keine aktuellen Messwerte. ePIN stellt erstmalig aktuelle Pollenmesswerte online zur Verfügung. Als erstes wurde im Projekt ePIN-opt das sogenannte „SILAM“-Modell, eines der besten Pollenflugvorhersagemodelle, am Leibnitz-Rechenzentrum (LRZ), implementiert. Danach wurden die lokalen Wetterdaten des DWD in Echtzeit in SILAM integriert. Als nächstes soll erforscht werden, wie die automatischen Pollenmessungen am besten in das Modell integriert werden können. Dazu ist ein Mitarbeiter von ePIN-opt für mehrere Monaten beim Entwickler von SILAM, Prof. Dr. M. Sofiev in Helsinki eingearbeitet worden.
    Die oben beschriebenen Verfahren sind in der Wettervorhersage bereits gängige Praxis. Bei Pollenflugvorhersagen war dies bisher nicht möglich, da keine aktuellen Online-Daten zur Verfügung standen.
  2. Eine Pollenflugvorhersage für die nächsten 2 Tage.
    Im Rahmen von ePIN werden Pollen eingefangen und fotografiert. Mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) wird bestimmt, um welche Pollenart es sich handelt. Die eingesetzten Algorithmen werden ständig verbessert. Diese Verbesserung kann zu Veränderungen in den Daten für den Pollenflug führen, die auf einen vermeintlichen Klimawandel schließen lassen. Die Pollenzahlen, die ein Indikator für das Pflanzenwachstum sind, könnten ansteigen, was jedoch auf verbesserte Algorithmen und nicht auf tatsächliche Veränderungen im Pollenflug zurückzuführen ist (Klimawandel durch Softwareänderung). Um dies zu verhindern, sollten alle Daten einer Zeitreihe zum Pollenflug mit dem gleichen Algorithmus analysiert werden. Im Rahmen von ePIN wurden alle historischen Bilder der gesammelten Pollen gespeichert. Diese Ausgangsbilder können mithilfe eines neuen KI-Algorithmus erneut analysiert werden. Eine Re-Analyse der historischen Bilder wurde zum Teil bereits für Alternaria Schimmelsporen (eine allergene Schimmelsporenart, die vorher nicht durch die Algorithmen erkannt wurde) durchgeführt. Bei der erneuten Analyse mit dem neuen Algorithmus besteht jedoch noch Optimierungsbedarf; unter anderem muss die Analyse in signifikant kürzerer Zeit möglich sein, um eine optimale Nutzung der Daten zu ermöglichen.